ERFAHRUNGSBERICHT LAGERUNGSHILFSMITTEL

Erfahrungsbericht/Stellungnahme: Einsatz von Lagerungshilfsmittel der Fa. Lück
auf der Neurochirurgischen – Neurologischen Intensivstation
am Klinikum Aschaffenburg

Unsere Neurochirurgische – Neurologische Intensivstation besteht aus insgesamt 8 Intensivplätzen. Eine Stroke Unit ist mit 2 Betten integriert. Hier pflegen wir PatientInnen die ein sehr breites Spektrum an neurologischen und neurochirurgische Krankheitsbildern aufweisen. Den größten Anteil haben Erkrankungen des Gehirns, wie Schlaganfälle aller Arten, Hirnblutungen traumatisch wie auch atraumatisch, entzündliche Erkrankungen wie z.B. Meningitis oder auch Autoimmunerkrankungen wie z.B Guillan-Barre-Syndrom, Krankheiten der Wirbelsäule und der Rückenmarkes, Tumorerkrankungen.
Als Folge dieser Erkrankungen stehen meist erhebliche Störungen der Bewegungskoordination, Bewegungsfähigkeit und der Wahrnehmung. Viele PatientInnen leiden unter einer Form der Bewusstseinsstörung. Häufig bedeutet das die komplette Unterstützung/Übernahme aller ATL`s durch das Pflegepersonal. Unsere Arbeit bekommt hier einen besonderen Aspekt der frühen Rehabilitation durch gezielte Ressourcenförderung bereits kurz nach der Aufnahme, je nach Schweregrad der Erkrankung.
Grundlagen der Kinästhetik, Basale Stimulation und Bobath bilden hier einen wichtigen Baustein für die pflegerische Versorgung unserer IntensivpatientInnen.

Da unsere PatientInnen in hohem Maße bewegungseingeschränkt sind, stellt die Positionsunterstützung einen wesentlichen Anteil an unserer pflegerischen Tätigkeit dar.
Hierbei unterstützen wir Positionen sehr vielseitig: 30, 45, 90, 135 Gradlage, Mikrolagerung, Sitzen im Bett (z.B. zur Körperhygiene, Nahrungsaufnahme), Sitzen im Sessel, am Bettrand.
Im Vordergrund steht hier nicht immer die Dekubitusprophylaxe, sondern in hohem Maße die Ressourcenförderung, Bewegungsförderung, Tonusregulierung insb. bei Tonuserhöhung (Spastik), Gewichtskontrolle in einer Position bei schlaffer Lähmung, Habituationsprophylaxe bei allen Formen der Bewegungseinschränkung oder Positionierung zur pulmonalen Therapie z.B. Bauchlage bei ARDS, Sekretdrainage.

Am Klinikum Aschaffenburg werden seit 10 Jahren Kinästhetikkurse für Pflegekräfte durchgeführt. Auf unserer Intensivstation hat ein Großteil der Pflegekräfte zumindest einen Grundkurs. Somit fließen die Kenntnisse der kinästhetischen Konzepte in unsere tägliche  Arbeit ein. Diese Konzepte sind hervorragend geeignet, Menschen in einer Position zu unterstützen, Umgebung bewegungsfördernd zu gestalten und Ressourcen zu fördern.
Dadurch wissen wir z.B. dass eine weiche Umgebung wie Kissen oder Superweichmatratzen Bewegung einschränkt, Gewicht nicht ausreichend über Knochen abgegeben werden kann.
Die Folgen sind: Verlust der Tiefensensibilität und damit der Wahrnehmungsfähigkeit, Tonuserhöhung, letztendlich negative Auswirkungen auf die Gesundheitsentwicklung unserer PatientInnen. Aber auch Pflegekräfte erfahren bei der Bewegungsunterstützung auf weicher Unterstützungsfläche erhöhte Belastung.

Der nationale Dekubitusexpertenstandard fordert neben dem Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln zur Druckentlastung auch die Fähigkeit des Pflegepersonals, Eigenbewegung der PatientInnen zu fördern.



Bisher haben wir mit ganz normalen Federkissen und Bettdecken gelagert. Die Kissen benutzen wir auch gerne weiterhin, jedoch möglichst nur für den Kopf! Zur Unterstützung der anderen Massen haben wir je nach Position bisher 2-3 Bettdecken benutzt, z.T. gerollt, gefaltet, drapiert. Somit hatten wir eine Vielzahl von Lagerungshilfmittel pro PatientIn im Einsatz.
Das hat durchaus zu kontroversen Diskussionen unter uns Pflegekräften geführt. Viele fanden dies sehr Aufwändig. Die Ablagemöglichkeiten in den Zimmern ist auch sehr eingeschränkt.
Ferner mussten wir bei Verschmutzung (Blut, Stuhlgang, Urin, Magensaft usw.) immer die kompletten Kissen/Decken austauschen, da diese nicht wasserdicht beziehbar waren, was zu einem hohen Wäscheaufkommen führte. Auch gab es insb. am Wochenende Versorgungsengpässe.

Somit waren die Pflegekräfte der Neurologischen – Neurochirurgischen Intensivstation auf der Suche nach Lagerungshilfsmittel, die die o.g. Kriterien erfüllen. Wir suchten ein Material, das möglichst flexibel bei allen PatientInnen einsetzbar ist. Das Material sollte die Eigenschaft haben sich der Körperform anzupassen, ohne jedoch zu weich zu sein, um die Unterstützung der Eigenbewegung insb. bei unseren PatientInnen mit Schlaganfällen zu fördern.

Die Firma Lück hat uns  2005 ein „Kinästhetik-Set“ zur Erprobung zur Verfügung gestellt. Es besteht aus einer Rolle 20x220 cm, Rolle 20x100cm, zwei kleinen Halbrollen 7x20 cm und zwei Keilen ca. 20x25 cm. Diese Lagerungshilfsmittel sind aus dem Programm rhombo med.
Entwickelt wurde das Set in Zusammenarbeit mit Esther Klein-Tarolli, Kinästhetiktrainerin aus der Schweiz, die auch am Dekubitusexpertenstandard mitgearbeitet hat.

Nach mehreren Monaten der Testphase hat sich das Pflegeteam der Neurologischen – Neurochirurgischen Intensivstation zum dauerhaften und erweiterten Einsatz des Kinästhetikset`s entschlossen, insbesondere der Einsatz der großen Rolle ist auf positive Resonanz bei einem Großteil des Team`s gestoßen.

Wir haben festgestellt, dass wir durch den Einsatz der Rolle deutlich weniger Lagerungshilfmittel pro PatientIn benötigen, da dieses System sehr flexibel einsetzbar ist.
Alle von uns durchgeführten Positionen können damit unterstützt werden. Meist ist die Rolle als alleiniges Lagerungshilfmittel einsetzbar. Dadurch haben wir das Problem der vielen Hilfsmittel in den Zimmern reduziert. So benötigen wir z.B. in der 30 Grad Seitenlage meist gar kein Kopfkissen mehr für den Kopf: die 220 cm Rolle genügt zur Unterstützung des ganzen Körpers.
Durch die Modellierbarkeit und gleichzeitig hohe Festigkeit des Materials erreichen wir einen stabilen Haltungshintergrund und damit eine Spannungsverminderung der Muskulatur.
Bei unruhigen PatientInnen bauen wir mit 2 Rollen gerne ein „Nest“. Das erinnert an die Geborgenheit in der Embryonalphase. Viele PatientInnen werden dadurch entspannter und ruhiger - weniger bettflüchtig.
Bei der 135 Gradlage benutzen wir die lange Rolle als Monolagerungsmaterial. Es sind keine weitern Hilfsmittel mehr nötig; evt. die kleine Halbrolle als „Pectoralisstütze“ zur Entlastung der aufliegenden Schulter (Druck!)
Die Halbrolle benutzen wir auch zur Entastung der Ferse in Rückenlage.

Die Keile setzen wir ein zur „Anlagerung“des Beckens und des Brustkorbes etwa bei PatientInnen mit frischen Subarachnoidalblutungen die einem strengen „Minimal Handling“ unterliegen. Hier bewegen wir uns im Bereich der Mikrolagerung.

Grundsätzlich sind alle Teile des „Kinästhetik-Set`s“ kombinierbar und sehr flexibel einsetzbar.

Die Handhabung gestaltet sich für uns einfacher, das Material ist leicht und doch sehr stabil.

Wir setzen das Kinästhetik-Set ausschließlich mit einem abwaschbaren, wasserdichten Bezug ein. Der Bezug ist atmungsaktiv und bakteriendicht. Bei Verschmutzung kann das Material sofort mit einer Seifenlösung oder mit Flächendesinfektionsmittel abgewischt, und wieder eingesetzt werden. Somit sind die Materialien immer einsatzbereit und wir benötigen nur wenige Set`s, die wir dann auch einfach lagern können.

Bei stark schwitzenden PatientInnen benutzen wir zusätzlich einen Baumwollbezug, um eine Flüssigkeitsaufnahme zu erreichen.
Der wasserdichte Bezug selbst fördert kein vermehrtes Schwitzen, ist sehr hautfreundlich und temperaturneutral. Selbst bei fiebrigen PatientInnen, konnten wir kaum Zunahme der Schweißbildung bemerken. Allerdings besteht hier durchaus noch  Skepsis bei einigen Pflegekräften, da der wasserdichte Bezug doch etwas an „Plastik“ erinnert. Auch könnte er etwas dehnbarer sein, was aber nach einigen Waschungen in der Waschmaschiene deutlich besser wird: wir geben neue Bezüge erst einmal in die Wäscherei.

Fazit:
Mit dem „Kinästhetik-Set“ aus dem Programm rhombo med der Fa. Lück haben wir professionelle Lagerungshilfsmittel gefunden, die unseren gesuchten Kriterien gut erfüllen.
Damit Pflegkräfte die neuen Materalien auch konsequent nutzen, reicht es jedoch nicht, diese nur „einzukaufen“. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass begleitend Einweisung und weitere Schulungen möglichst aller Pflegekräfte durchgeführt werden müssen.
Qualitätskriterien werden im Gesundheitswesen immer wichtiger: unsere PatientInnen sollen möglichst schnell, hochqualitativ und sicher unsere Einrichtungen durchlaufen.
Dazu brauchen wir ein hohes Maß an pflegerischer Qualität und die Ausstattung mit hochwertigen Pflegehilfsmitteln.